21. April 2013
Videoaufnahmen zur ToBi-Methode mit der St. Barbara-Klinik Hamm
Interview mit Dr. Dr. Abrams
Die Grundlagen der heutigen Tonsillenchirurgie wurden in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts gelegt. Seitdem hat es im chirurgischen Vorgehen keine wesentlichen Veränderungen gegeben. Von über 90 Prozent der Operateure wird bisher noch das so genannte kalte chirurgische Vorgehen bevorzugt, das aufgrund der fehlenden Darstellung der Gefäße mit einem hohen Risiko postoperativer Nachblutungen verbunden ist.
Erst durch die Kombination der Gefäßversiegelung mit der mikroskopischen Präparation der Tonsille ist nach unserer Auffassung ein entscheidender Fortschritt im operativen Vorgehen gelungen, der die Häufigkeit intra bzw. postoperativer Blutungen deutlich vermindert.
Einleitende Worte zur Methode oder Tonsillektomie im Allgemeinen:
Bei der Tonsillektomie wird im Gegensatz zur Tonsillotomie, die in den letzten Jahren eine deutliche Renaissance erlebt hat, eine vollständige Entfernung des meistens chronisch entzündlich veränderten Tonsillengewebes vorgenommen. Aufgrund der anatomischen Situation werden bei der Tonsillektomie auch größere venöse und arterielle Gefäße eröffnet mit teilweise stärkeren Blutungen, die teilweise auch vital bedrohlich sein können. Hauptaufgabe des Operateurs sollte es sein diese Blutungen sowohl intraoperativ als auch postoperativ zu vermeiden.
Wie häufig werden Tonsillektomien pro Jahr in Deutschland durchgeführt?
Die genaue Anzahl der Tonsillektomien, die in Deutschland durchgeführt werden, ist nicht genau festzustellen. Aus Literaturangaben ist anzunehmen, dass die Anzahl der Operationen bei ca. 80.000 im Jahr liegen dürfte. Die Tonsillektomie gehört mit zu den am häufigsten durchgeführten Eingriffen im Kindesalter. Insgesamt dürfte die Indikation zur Tonsillektomie durch die immer kritischer werdende Indikationsstellung sowie durch die Einführung der Tonsillotomie in den letzten Jahren deutlich abgenommen haben.
Worin besteht die Herausforderung bei der Tonsillektomie?
Die wesentlichen Herausforderungen der Tonsillektomie sind das Vermeiden von intra- und besonders postoperativen Nachblutungen. Die postoperativen Schmerzen sollten gering sein und es sollte möglichst kein postoperativer Fötor auftreten.
Welche Verfahren werden dabei eingesetzt?
Heute bedienen sich über 90 Prozent der HNO Chirurgen der so genannten kalten Tonsillenpräparation. Dabei werden die Tonsillen ohne Rücksicht auf die Gefäßversorgung aus ihrem Bett herausgeschält und im Nachhinein blutende Gefäße auf verschiedene Arten verödet. Diese Methode, deren Grundlagen vor nahezu 100 Jahren gelegt wurden, ist naturgemäß mit einer hohen Nachblutungsrate verbunden. Andere Verfahren wie laserchirurgische Tonsillenentfernung oder Coblation haben keine wesentliche Verbreitung gefunden. Der Einsatz von Gefäßversiegelungssystem, die in der Schilddrüsenchirurgie mit großem Erfolg eingesetzt werden, ist bis heute in der Tonsillenchirurgie trotz unbestreitbar Vorteile nur gering verbreitet.
Was ist die ToBi-Methode?
ToBi ist ein Akronym für die mikroskopische Tonsillektomie mit Biclamp. Grundlage dieser Technik ist die saubere, mikroskopische Darstellung der Tonsille mit den zu-und abführenden Gefäßen sowie die sichere Ligation der Gefäße und des umgebenden Gewebes mit der Biclamp Klemme.
Seit wann wird sie an ihrer Klinik eingesetzt?
Wir haben mit der Entwicklung und Anwendung dieser Methode im Jahre 2010 begonnen.
Und welche Vorteile besitzt die ToBi-Methode?
ToBi beinhaltet die saubere, blutungsfreie Präparation der Tonsillen mit Gefäßversiegelung. Dadurch kommt es zu einer deutlich reduzierten intraoperativen Blutung. Ein Sauger findet während der Operation keine Anwendung. Vor allem das Risiko der postoperativen Nachblutungen ist deutlich reduziert. Als wichtiger Nebeneffekt kann das nahezu vollständige Fehlen des postoperativen Fötors genannt werden, was auf die deutlich geringeren Versiegelungstemperaturen als bei der bipolaren Koagulation zurückzuführen ist.
Wie viele Tonsillektomien wurden seitdem in der Klinik durchgeführt?
Seit Mitte 2010 haben wir 400 Tonsillektomien nach der ToBi-Methode durchgeführt.
Worin sehen Sie die wesentlichen Vorteile der Methode?
Kurz gesagt: saubere Organpräparation ohne wesentliche intraoperative Blutung, eine geringere Nachblutungsrate, kaum postoperativer Fötor und geringere postoperative Schmerzen.